Sonntag, 1. September 2013

"You say Good Bye and I say Hello!"

Elf Monate sind vorbei und damit auch mein Freiwilligendienst.
Ich verließ dieses Land mit einem lachenden und einem weinenden Augen, denn, obwohl ich Kultur und Leute so sehr zu schätzen gelernt hatte, wuchs die Lust auf den nächsten großen Abschnitt in meinem Leben. Der da wäre: Mein Lehramtstudium in den Fächern Kunst und Deutsch in Münster zu beginnen.
Der Abschied fiel schwer.
Die Ankunft noch schwerer.
Schon im Flugzeug nach Frankfurt wurde mir die Umstellung auf ein strikteres und spießiegeres Leben durch einen Fluggast vor Augen geführt, der sich lautstark über mein zu großes Handgepäck beklagte, während es die Flugbegleiter nicht die Bohne zu interessieren schien.
Dann wären da noch die imaginären helfenden Hände, die beim vergeblichen Versuch in die Straßenbahn zu kommen mit anpackten. Zwar müssen Deutsche bei Allem ihren Senf dazugeben, würden aber nicht jemand anderem dabei helfen, den letzten Rest Senf aus dem Glas zu kratzen. An diese Mentalität muss ich mich erst einmal gewöhnen.
Genauso wie an die Perfektion der Häuser, Vorgärten, Straßen und Gehwege.
Oder an trinkbares Leitungswasser.
Mülltrennung.
Busfahrpläne.
Ich verfalle schnell in den alten Trott, wie vor einem Jahr. Nur weiß ich alles mehr zu schätzen. Im Grunde hat sich nicht viel verändert, aber ich habe mich verändert und noch passe ich mental nicht wieder in diese Welt der Struktr, Hektik und Pünktlichkeit und körperlich nicht mehr in meine alten Hosen.

Ich habe meine Taschen ausgepackt und den Inhalt querbeet im Zimmer verteilt. Ich finde einfach nicht die passenden Schubladen dafür. Vielleicht ist das auch ein wenig eine Metapher für meinen derzeitigen Gemütszustand.

Schon in spätestens einem Monat muss ich in Münster sein, eine Wohnung und einen Plan haben.
Ich werde dieses Abenteuer niemals vergessen und immer ein Stückchen Ukraine in meinem Herzen tragen.
Danke, dass ihr mich auf diesem Weg begleitet habt.
Hier endet meine kleine Geschichte.

Dienstag, 20. August 2013

Auf Erkundungstour

In Deutschland ist wenig über die Ukraine bekannt. Das habe ich am eigenen Beispiel erfahren. Die wenigen Dinge, die wir mit dem Land fern unseres Blickfeldes verbinden, lassen sich an einer Hand abzählen:
Da wäre natürlich das Atomkraftwerkunglück in Tschernobyl und die Sowjetvergangenheit. Tymoschenko und die Klitschko-Brüder dürfen auch nicht fehlen, genauso wenig wie der deutsche Nationalsport „Fußball“, der hier durch die EM 2012 seine Ehrerbietung fand.
Allerdings hat das zweitgrößte Land Europas so viel mehr zu bieten als das. Immerhin ist es knapp doppelt so groß wie Deutschland und hat mehr Einwohner als ganz Skandinavien, Österreich und die Schweiz zusammen!

Zugegeben, ohne einen gewissen Grundwortschatz in Russisch, oder Ukrainisch kommt man hier nicht weit. Als typisch deutscher Tourist, der seine Urlaube am Liebsten am Strand in der Sonne verbringt und seine Probleme zu Hause lassen versucht, ist das natürlich erst einmal eine Überwindung. Doch das kleine Abenteuer lohnt sich!
Von den Kaparten bis zu den Stränden des Schwarzen Meeres ist hier alles gegeben und drängt dazu erkundet zu werden. Ganz abseits der Touristenpfade.

Als das Ende meines Freiwilligendienstes immer näher rückte, wurde mir klar, dass ich genau das noch zu wenig gemacht hatte: Reisen!
Mit meinen Eltern fuhr ich, nachdem ich ihnen die beiden kulturellen Perlen Lviv (Lemberg) und Odessa gezeigt hatte, endlich auf die Halbinsel Krim! Auf der längsten Trolleybusstrecke der Welt zuckelten wir zweieinhalb Stunden über grüne Berglandschaften, bis wir schließlich Jalta erreichten. „Die Konferenz von Jalta“ klingelt jetzt in den Köpfen derjenigen, die den Geschichtsunterricht damals wach und nüchtern überstanden haben. Aber der Zarenpalast, in dem die Zukunft Deutschlands und Europas verhandelt wurde, blieb uns am Tag unseres Besuches verschlossen. Wegen Feierlichkeiten zu Ehren des 63. Geburtstags Janukowytschs war der Zutritt für Besucher an diesem Tag untersagt.
Unter uns gesagt: Viel mehr als diese Sehenswürdigkeit und die paradiesische Landschaft hat Jalta nicht zu bieten. Die Stadt ist überschwemmt von russischen Touristen! Die Promenade ist kurzerhand zum knall-bunten Plastikjahrmarkt umfunktioniert worden und vor lauter nackter Haut und Handtüchern wird selbst das Finden von Sand (oder vielmehr Kies) am Strand eine Herausforderung. Aber sogar die Reizüberflutung in Jalta kann die Schönheit der Krim nicht vermindern. Durch unzählige verschiedene Herrscher hat sie auf ihrem kleinem Gebiet ein derart großes Kulturgut, wie kaum ein anderer Ort dieser Größe in Europa. Sie ist und bleibt eine Halbinsel für „Jeden und Niemanden“ (Neal Ascherson).

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Nachdem ich meine Eltern wieder verabschiedet und mich Zuhause wieder häuslich gemacht hatte, plante ich bereits meine nächste und damit vorerst letzte Reise innerhalb der Ukraine. In den Osten sollte sie mich führen, wo ich bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht gewesen war. Durch die vielen Freiwilligen, die in der ganzen Ukraine verteilt sind, gab es viele Orte, in denen ich nicht nur ein Platz zum Schlafen, sondern auch gute Gesellschaft finden konnte! An dieser Stelle noch einmal einen herzlichen Dank an alle, die mich so freundlich empfangen und entertaint haben!

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Von Odessa ging es also nach Cherson, dann nach Charkiw und über Kiew wieder zurück nach Chernivtsi.
Der Osten ist, wie mir schon im Vorhinein erzählt wurde, weniger westlich orientiert, sondern blickt immer gerne hinüber zum großen Nachbarn Russland. Das macht sich natürlich vor Allem an der Sprache bemerkbar, denn mit Ukrainisch kommt man hier nicht weit. Auch die Architektur ist sowjetischer (also überwältigend groß und grau, aber dennoch faszinierend) und der im Westen nach und nach verschwundene Lenin blickt hier noch gerne aus großen Metallaugen auf den Betrachter hinab. Ansonsten sind auch hier die Menschen gewohnt freundlich und hilfsbereit und eine westliche Babuschka unterscheidet sich nicht groß von einer östlichen. Trotz anderer Architektur und Sprache fühlte ich mich also noch immer wohl behütet in diesem Land der Gegensätze.

Donnerstag, 11. Juli 2013

Arbeitlos und auf der Suche

Sie kamen schnell. Viel schneller als in den vergangenen zwölf Jahren Schulzeit. Und zum ersten Mal in meinem Leben wünschte ich mir, sie hätten noch ein bisschen auf ihren feierlichen Auftritt gewartet.

Die Sommerferien sind da!

Im Endeffekt heißt das für uns: Die Schule ist aus und zieht fast unsere gesamte Arbeit mit sich in monatelange Versenkung. Da auch der Kindergarten eine Sommerpause einlegt, blieb mir für die letzten drei Monate also nur noch der Englischunterricht für Erwachsene und meine kleine Lerngruppe, bestehend aus drei Sechstklässlerinnen.

Zwei Stunden Unterricht die Woche. Das nenne ich Kartoffelarbeit.

Aber wir wären ja keine Freiwilligen geworden, wenn wir die freie Zeit nicht auch noch anderweitig nutzen könnten. Also planten wir zwei Sommercamps für Fünftklässler in Deutsch und für Viertklässler in Englisch. Hier kommen Assoziationen zu amerikanischen Sommerverschickungscamps mit Holzhütten, Pyjamapartys und Kanutouren auf. Aber in Wahrheit ist es eher ein Intensivunterricht. Jeden Tag trafen wir uns mit den Kindern und entertainten sie von morgens bis nachmittags. Es gab Spiele, Mittagessen und auch Grammatikübungen. Die Kleinen hatten sichtlich Spaß und am Ende war die Verabschiedung schon ein wenig traurig.

Wie manche sich vielleicht erinnern, leiteten wir in der Weihnachtszeit ein Projekt, bei dem es hauptsächlich darum ging, Rentnern, die an der Armutsgrenze leben, durch Lebensmittelpakete eine schönere Feststimmung bereiten zu können. Unsere Freunde und Kirchengemeinden waren so fleißig und großzügig, dass wir am Ende mehr Geld beisammen hatten, als wir für besagtes Projekt brauchten.
Darauf bedacht das restliche Geld noch sinnvoll nutzen zu können, planten wir mit unserer Jugendgruppe eine ganz ähnliche Aktion. Wir besuchen eine Woche lang mehrere Senioren am Tag und verbringen etwas Zeit mit ihnen. Dabei versuchen wir herauszufinden, was sie in ihrem Alltag dringend benötigen, um es ihnen als Geschenk machen zu können. Das können einfach nur Konservendosen sein, aber auch Hausschuhe, oder Thermoskannen für den bitterkalten Winter.

Schon bald ist auch dieses Projekt gelaufen und wir müssen uns erneut auf die Suche nach Arbeit machen.

Donnerstag, 9. Mai 2013

Heilige Dusche

Nachdem Jesus im Winter zweimal geboren wurde, durfte er letztes Wochenende ein zweites Mal auferstehen. Schon seltsam, wenn Ostern so viel später gefeiert wird, als in Deutschland. Irgendwie verschiebt sich damit etwas die eigene Wahrnehmung.
Ist es wirklich schon Mai?
Sollen DAS sieben Monate gewesen sein?
Wenigstens war es an Ostern mollig warm. Da störte es auch nicht allzu sehr um 4:30 Uhr aufzustehen, um nach ukrainischem Brauch mit einem Essenskörbchen zur Kirche zu wandern und dieses dort vom Priester weihen zu lassen. Die saftige Ladung Weihwasser, die man dabei ins Gesicht bekommt, hilft ebenfalls gegen die Müdigkeit. Genauso wie ein Lachanfall, der mit seiner Heftigkeit nicht nur Muskelkater im Bauch, sondern auch böse Blicke der Babuschkas herbeiführen kann.
Im Grunde war es aber eine sehr schöne Zeremonie, die mit dem Anzünden der mitgebrachten Kerzen und in unserem Fall auch mit dem Sonnenaufgang beendet wurde.
Zum Frühstück gab es dann das geweihte Essen. Das Feuer der Kerze hatte ich aber leider nicht retten können, so sehr ich auch von meinen alljährlichen Weihnachtsfeuer-aus-Bethlehem-Rettungsfähigkeiten profitieren konnte, die wohl nur alteingesessene Niendorfer so perfektioniert haben wie ich.
Später ging es in den Park. Ostereiersuche unter den verwirrten Blicken der Ukrainer, dann Grillen mit Blick auf den See und die untergehende Sonne.

Kiew Spring Camp

Zwei Couchsurfer aus Kiew besuchten uns vor zwei Wochen.
Resultat: Zugtickets kaufen und ab in die Hauptstadt!

Den ganzen ersten Tag durch die Stadt laufen, Kebab in deutschen Dönertüten kaufen, für 20ct U-Bahn fahren und eine Speed-Sightseeingtour machen, indem man das Miniaturland besucht.
Resultat: Sonnenbrand.

Gut achtzig Couchsurfer aus der ganzen Welt kamen für dieses Wochenende zusammen.
Resultat: Interessante Gespräche, atemberaubende Geschichten und Party.

Schlafen, wo andere feiern.
Resultat: Ersteres entfällt.

Grillen am Dnjepr-Strand im Sturm.
Resultat: „The Food is a bit crunchy…“

Vor der Kamera posende Mädchen.
Resultat: Photobomb!

Die letzte Nacht bei einer unglaublich netten Couchsurfingfamilie verbringen.
Resultat: Endlich Schlaf!

Photobomb

Sonntag, 7. April 2013

Alienmalerei

Am Ende des Monats kam dann das Jugendprojekt. Das Projekt findet jährlich seit sechs Jahren statt und handelt sich um Verschönerungsarbeiten an Kindergärten gemeinsam mit deutschen und ukrainischen Jugendlichen.

Die neun Freiwilligen sind zwischen 14 und 20 Jahre alt und dementsprechend sehr verschieden. Es gab die 16-jährigen Testosteronbomben, die pausenlos den hübschen Ukrainerinnen hinterhergafften, die Verschwiegenen, die Arbeitstiere und die Witzbolde. Also alles dabei, was eben in eine solche Gruppe gehört. Die Arbeit brachte uns allen großen Spaß, nur das Wetter spielte nicht so richtig mit. Kälte und pausenloser Regen musste zwangsläufig unsere Kreativität ankurbeln und so verbrachten wir Nachmittage mit nähen, zeichnen, sägen und bemalen, um Puzzle und Kuscheltiere herzustellen.

Puzzle-und-Kuscheltiere

Um die traditionelle ASJ-Wand, mit der immer der Kindergarten geschmückt wird, kamen wir allerdings nicht herum. Da konnte uns auch Regen und Kälte nicht von abhalten. Bibbernd, aber voller Elan bepinselten wir also eine unebene Mauer mit dem Alienmaskottchen „Xü“, einem Schiff, einer Puppe, Zahlen, Buchstaben und anderem Krimskrams. Ich bin sichtlich stolz auf unser Werk!

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Bei der Einweihung war dann auch das Fernsehen dabei und die Kindergartenkinder überraschten uns mit Tänzen und Gesang, hübsch hergerichtet in traditioneller Kleidung.

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Affengeschrei und Löwengebrüll

Für alle, die eine genauere Beschreibung meiner Odessaerlebnisse erwartet haben: Hier die Löwengeschichte:

Nach ein Wochen geregelter Arbeit ging es für Pauline, Sebastian und mich auf große Reise. Wir wurden von einem Bekannten ins Haus seines Onkels nach Odessa eingeladen. Die achtzehn Stunden Zugfahrt waren meine bislang längste Reise, nicht nur innerhalb der Ukraine. Dennoch ausgeschlafen (es leben die Schlafzüge!) erreichten wir dann das wunderschöne Odessa, das mit einem klaren blauen Himmel lockte.
Das Haus des Onkels verschlägt einem die Sprache. Mitten in stillgelegten Industriegebieten und ärmlichen grauen Häusern, sticht ein blassrosafarbener Palast hervor. Die Eingangshalle ist so groß wie unsere gesamte Wohnung, ein alter weißer Flügel begrüßt die Gäste beim Hereinkommen und ein selbstinstallierter Lift fährt von der Küche direkt vor das Schlafzimmer des Herren des Hauses. Leider fehlt den Ukrainern, nach dem sie jahrzehntelang ein solches Haus aufgebaut haben, häufig das Geld für die Instandhaltung. Aber ich finde die abbröckelnde weiße Farbe und ausgesessenen Prunksofas geben den Räumen eine mystische, historische Atmosphäre. Das ist wohl auch der Grund, warum das Haus gerne als Fotostudio gebucht wird. Am Tag unserer Ankunft wurden Fotos mit Zirkustieren gemacht, die schon nach Kiew aufgebrochen waren, bevor wir ankamen.
An diesem Abend wurde rund um Kiew ein Sturm angekündigt und das Zirkusteam, samt kränkelndem Affen und Löwen, fuhr wieder zurück, um die Tiere im Haus unseres Gastgebers unter zu bringen. Und so kam es dann, dass wir eine ganze Woche mit einem schreienden Affen und einem herumtigernden, zehn Monate alten Löwen verbrachten. Zehn Mal wurde mir erklärt, dass der Löwe nicht gefährlich sei, aber nach dem er halb auf mich gesprungen ist, mit den Tatzen auf meiner Schulter, konnte ich nicht mehr teilnahmslos an ihm vorbei gehen und er selber -mit erweckten Jagtinstinkten- nicht mehr still da sitzen. Mir zu liebe ketteten sie die große Katze dann für den Rest der Zeit an, was meine Nerven ein wenig beruhigte, diese kuriose Situation aber nicht im Mindesten normalisierte. Aber solche Sachen machen Reisen ja erst zum Abenteuer!

Blickkontakt

Zu Odessa selber bleibt zu sagen: Der Name "Die Perle am Schwarzen Meer" ist nicht übertreiben! Nicht nur die Architektur ist wunderschön! Die Lage am Meer schafft Urlaubs- und der Hafen Heimatsgefühle. Ich denke, hier wird es mich noch öfter hinziehen.

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Dienstag, 26. Februar 2013

Halbzeit

Halbzeit? Mehr oder weniger. Da ich im Oktober und nicht wie geplant im September eingereist bin, fehlt mir eigentlich noch ein halber Monat zur Hälfte.
Allerdings komme ich gerade von meinem Zwischenseminar wieder, das -genauso wie das Vor- und Nachbereitungsseminar- Pflichtteil meiner Reise ist.
In Lwiw (zu Deutsch: Lemberg) fand das Seminar statt, auf dem ich nicht nur neue Leute kennen-, sondern auch viele interessante Sachen dazugelernt habe. Wie zum Beispiel, dass man durchaus innerhalb eines halben Jahres Russisch lernen kann.
Nur ich halt nicht.
Merke: Mehr lernen!
Oder wie auffällig unauffällig ich mich bei Werwolfspielen verhalte.
Merke: Den Mund auf machen! Und das gilt auch für die Anwendung der russischen Sprache...
Ich hätte auch den ganzen Tag auf der Ledercouch im "Wohnzimmer" sitzen, reden und den anderen beim Doppelkopf- oder Gitarrespielen zugucken können, aber dafür wartete eine viel zu interessante Stadt direkt vor unserer Nase darauf entdeckt zu werden.
Sollte ich bei der Stadtführung nicht den Überblick verloren haben, war Lwiw abwechselnd Teil Russlands, Polens und Österreich-Ungarns, bevor es schließlich sowjetisch und dann ukrainisch wurde.
Diese ganze Kultur, besonders die österreich-ungarische prägt das Stadtbild. Es gibt viele stuckbesetzte Häuser, eine prachtvolle Kirche nach der Anderen und ein beeindruckendes Opernhaus.

Oper

Alles in Allem ist Lwiw einfach viel westlicher geprägt als der Rest der Ukraine und selbst als Chernivtsi, das ja auch Teil der österreichisch-ungarischen Monarchie war.
Hier leben viele Studenten, und es gibt alternative Cafés und Restaurants mit Mottos von „Harry Potter“ über „Öllampen“ bis zu „Patriotismus“. Wir haben mehrere McDonalds gefunden und es soll hier wohl sogar ein H&M existieren.
Der Abschied fiel mir schwer, obwohl ich mich schon auf Zuhause freute. Aber vor Allem die Leute werden mir fehlen. Diese ungezwungene, sym- und empathische Atmosphäre ist für mich fast einmalig.
Irgendwann sehen wir uns wieder.

Suessigkeitenverkaeuferin-in-traditioneller-Tracht

Dienstag, 29. Januar 2013

Heiliges Wasser

Am 19. Januar war in der Ukraine „der Tag des heiligen Wassers“. Für alle, die sich nicht so gut mit den Feiertagen der russisch-orthodoxen Kirche auskennen:

An diesem Tag wird alles Wasser heilig gesprochen. Am Morgen gehen Priester zu den öffentlichen Wasserstellen (Seen und Flüssen) und segnen diese. Nun pilgern also den ganzen Tag lang Menschen zu diesen Plätzen, um eine Runde im Eiswasser zu plantschen. Was für Außenstehende ziemlich verrückt klingen muss, hat eigentlich einen ganz simplen Hintergrund: Man feiert die Taufe Jesu. Über das Detail, dass sich das Klima der Ukraine stark von dem in Palästina unterscheidet, schaut man hier gerne hinweg.
Auch wir wollten dieses Kulturerlebnis nicht verpassen und machten uns mutig (bei etwa -2°c) in Bikini und Wintermantel auf zum nächstgelegenen See. Auch wenn es unglaubhaft klingt: Das Ausziehen war das Schlimmste! Wenn man schon von der Lufttemperatur und dem Schnee unter den nackten Füßen zittern muss, kann es kaum noch schlimmer werden und zurück kann man dann auch nicht mehr. Ein kleines Stück des Seeufers wurde vom Eis befreit, sodass das ausgeschlagene Stück ein wenig wie ein kleiner Tümpel aussah. Schnell rannte ich hinein, tauchte meinen Kopf unter und war auch genauso schnell wieder bei meinem Kleiderhaufen und dem wartenden Handtuch.
Es war eine unglaubliche Erfahrung, die ich nur jedem empfehlen kann, der das Glück hat, zu dieser Zeit in der Ukraine zu sein! Die Füße prickeln in den Socken, der Adrenalinstoß bringt dein Herz zum Holpern und man fühlt sich wie neu geboren!
Später erfuhr ich, dass ich bei der Aktion wohl irgendetwas falsch gemacht haben muss, denn das heilige Wasser soll dich ein Jahr lang gesund halten. Ich wurde krank.

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Dann war vor einigen Tagen mein Geburtstag und ich kann nur sagen, wir froh ich bin, so nette Leute um mich zu haben, die mich den ganzen Tag verwöhnten. Es gab reichlich lecker Essen, Kuchen, Geschenke von hier und von Zuhause und jede Menge liebe Glückwünsche!
Ich danke allen für diesen wunderschönen Tag!

Wanderlust

Die Ferien sind vorbei und unser Alltag kehrt zurück. Endlich sind wir mal aus Chernivtsi herausgekommen, um unbekannte Ukraineluft zu schnuppern.

Von unserem Küchenfenster aus hat man einen schönen Blick auf einen Berg, auf dessen Spitze eine Antenne prangt. Genau diesen wollten wir nun also "erklimmen". Ein großer Teil des Weges wurde uns durch Busse abgenommen, doch das wahre Abenteuer fing da erst an. Fast vier Stunden lang irrten wir auf kleinen Wegen, zwischen winzigen, zerfallenen Häuschen umher, wurden von Hunden verfolgt und landeten nicht selten in einer Sackgasse. Dass wir die Antenne dann tatsächlich erreichten, könnte man fast schon einen Zufall nennen. Die Wanderung war einfach wunderschön. Die vielen verlassenen, bemalten Häuser hatten irgendetwas Verwunschenes. Als wir uns durch knietiefen Schnee kämpfen mussten und uns der Schnee ins Gesicht blies, hatte ich passenderweise die Melodie von "Doktor Schiwago" im Ohr.

Ein paar Tage später ging es nach "Kamianets Podilsky", bekannt für die altertümliche Burg am Canyon direkt vor der Stadt. Für umgerechnet einen Euro konnten wir so lange wir wollten hinter den alten Mauern herumspazieren und –klettern. Für genug Touristenbeschäftigung war gesorgt und ich schoss zum ersten Mal in meinem Leben mit Pfeil und Bogen. Mit viel Selbstsicherheit schoss ich fröhlich an den Zielscheiben vorbei. Ganz so einfach und elegant, wie das bei Legolas aussieht, war es dann doch nicht, aber Spaß hatte ich trotzdem.
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Etwas verwöhnt mit deutscher Struktur und Pünktlichkeit machten wir uns dann reichlich Sorgen um die Ankunft des Rückfahrtbusses. Nachdem wir also vier Mal bei der freundlichen Dame am Schalter nachgefragt hatten, wo denn unser Bus bliebe, wurden wir sogar durch die Lautsprecheransage auf den Bus in der Mitte des Bahnhofes hingewiesen, den natürlich nur wir hatten übersehen können.

Heile wieder in Chernivtsi angekommen, planten wir unsern nächsten Ausflug: nach „Migovo“ sollte die Reise gehen. Migovo ist ein Skigebiet und wer mich etwas besser kennt, weiß, dass ich das letzte Mal auf der Skireise vor sechs Jahren auf zwei Brettern vor einer Piste stand. Ich unternahm erste Versuche, den Berg mehr fahrend als fallend herunter zu kommen und war überrascht, wie gut sich meine Beine an die ungewohnten Bewegungen erinnerten. Dennoch glich ich häufig sehr einer Lawine, denn im Fallen anzuhalten ist schwieriger als man denkt.
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Später waren wir noch einmal Skifahren, in einem Gebiet, das man etwa mit „Sun Valley“ übersetzen kann. Für Anfänger ist es ein regelrechtes Paradies! Mal sehen, ob ich als Skiprofi aus der Ukraine nach Hause kommen werde.

Mittwoch, 9. Januar 2013

Wochenlange Festtagsstimmung

Am 24. Dezember war also Weihnachten. Und hier: Ein völlig normaler Arbeitstag. Glück für uns, denn so hatten die Geschäfte bis spät in die Nacht geöffnet und das Weihnachtsessen war gerettet. Auch einen Weihnachtsbaum haben wir gefunden, der hübsch geschmückt und mit bunt verpackten Geschenken die Zimmerecke ziert.
So traditionell wir das Weihnachtsfest auch zu gestalten wussten, es war dennoch ein ziemlich seltsames Gefühl. Nicht nur, dass wir alle fern unserer Familie das wichtigste aller Familienfeste feierten, sondern auch als die Einzigsten. Da merkt man, wie sehr Weihnachten mit der Vorfreude und Geselligkeit verbunden ist. Wenn diese Vorfreude beim Rest der Bevölkerung fehlt, fehlt einem selber auch etwas.
Dennoch war es ein sehr idyllischer Abend. Gemütlich saßen wir beieinander, zündeten Kerzen an, sangen Weihnachtslieder, packten Geschenke aus und aßen bis uns die Bäuche wehtaten.
Die wahren Feierlichkeiten in der Ukraine begannen dann am Sylvesterabend.
Die Stadt war endlich vollends mit knalligen und blinkenden Lichterketten ausgestattet und sogar ein kleiner Weihnachtsmarkt samt einem sich drehenden Christbaum wurde eröffnet.
Nachdem wir also gegessen und getrunken hatten, ging es auf den Weihnachtsmarkt, wo wir mit Glühwein (глинтвейн) auf das neue Jahr anstießen. С новым годом!
Danach ging es zu einem typisch ukrainischen Neujahrstreffen mit Оливье (traditioneller Kartoffelsalat) und, ja, jede Menge Vodka.
Am 6. und 7. Januar war dann endlich Weihnachten hier zu Lande angekommen und wir begleiteten eine Bekannte aus dem English Club mit zu einem Gottesdienst.
Zwei Stunden lang wurde musiziert und gelegentlich auch gepredigt. Besonders hervorstechend war ein etwa 50-köpfiger Kinderchor, der die gesamte Front der Kirche ausfüllte und mit den berauschenden, fremden Klängen bisweilen an "Die Kinder des Monsieur Mathieu" erinnerte.

So weit also zu den Feierlichkeiten. Aber damit nicht genug: Der Julianische Kalender endet erst am 14. Januar. Dann beginnt also erst "das Alte Neue Jahr" und bis dahin kann noch fröhlich gefeiert werden.
Auch-der-Kindergarten-ist-bunt-geschmueckt

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Standartsatz: "Mein Name ist Fine, eigentlich Josefine, aber nennt mich Fine" Ich bin 18 Jahre alt, aus Hamburg, habe mein Abi in der Tasche und nun die große weite Welt vor Augen. Ich habe mich entschieden, über "Jugend im Ausland "ein Freiwilliges Soziales Jahr in der Ukraine, Czernowitz (nordöstlich der Karpaten) zu leisten und berichte hier von meinen Erfahrungen, Eindrücken, Veränderungen und Erlebnissen in dieser fremden Umgebung. Gemeinsam mit meinen wunderbaren Mitreisenden Sophia, Pauline und Sebastian werde ich Deutsch und falls ich möchte auch Englisch in Kindergärten, einer weiterführenden Schule und in einer Erwachsenengruppe unterrichten. Auch andere Treffen oder Veranstaltungen können wir auf Wunsch organisieren. Ich kann meine Nervosität momentan nicht in Worte fassen, doch in Gedanken sitze ich schon in meinem Zug nach München, freue mich meine Mitreisenden wiederzusehen und auf das spannende Jahr, das mich erwartet! Viel Spaß beim Verfolgen meines kleinen Abenteuers :)

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